Wie bereits im letzten Blog-Beitrag beschrieben dient die Stressreaktion dazu das Gleichgewicht im Körper wiederherzustellen und eine Anpassung an Veränderungen in der Umwelt zu ermöglichen. Stressmanagement beschreibt hierbei den Aufwand, der notwendig ist, um mit einer Herausforderung zurechtzukommen.
Ein gelungenes Stressmanagement ist nicht nur gesundheitsförderlich und eines der wichtigsten Kernelemente für unser Wohlbefinden, sondern spielt auch eine wichtige Rolle innerhalb sozialer Beziehungen. Stressmanagement bedeutet nicht, Herausforderungen zu meiden, sondern angemessen darauf zu reagieren. Wie mit Herausforderungen umgegangen wird, ist individuell sehr unterschiedlich. Je nachdem, wie stark im Verhalten und auf körperlicher Ebene auf Herausforderungen reagiert wird, wird von einer höheren oder niedrigen Stress-Reaktivität gesprochen.
Die beiden Stressachsen spielen auch eine wichtige Rolle für verschiedene Stoffwechsel-prozesse und die Herz-Kreislauf-Aktivität, um den Körper auf alltägliche Verhaltensreaktionen vorzubereiten. Daher bedeutet eine Adrenalin- oder Kortisol-ausschüttung nicht unbedingt, dass die Person Stress empfindet. Auch belohnende Situationen und Emotionen wie Freude und positive Aufregung können zu einer solchen Hormonausschüttung führen. Wichtiger für die Einschätzung, ob eine Situation stressvoll ist, ist die Erholung nach einem potenziell stressvollen Ereignis: wie lange braucht es, bis das Stresshormon Kortisol im Körper wieder abgebaut wird und sich der Organismus beruhigt?
Wesentliche Faktoren, die einen Einfluss darauf haben, ob ein Reiz als Stressor empfunden wird, sind Unkontrollierbarkeit und Unvorhersehbarkeit. Je weniger kontrollierbar und vorhersehbar ein Reiz ist, umso mehr wird dieser als stressvoll empfunden und führt zu einer entsprechenden körperlichen und Verhaltensreaktion. Hans Selye differenzierte je nach Stresserleben zwischen Eustress und Disstress. Kann die stressvolle Situation bewältigt werden, ist sie von kurzer Dauer, selbstbestimmt und kontrolliert, so kann diese sogar anregend und aktivierend sein. Dies ist der sogenannte Eustress – der positive Stress. Er fördert die Aufmerksamkeit und die Leistungsfähigkeit. Hierzu zählt zum Beispiel ein selbstbestimmter Jobwechsel, bei dem der Zeitpunkt der Kündigung selbst entschieden wurde und bereits Aussichten auf etwas Neues bestehen.
Bei zu hoher Intensität eines Stressors, wenn dieser fremdbestimmt ist, bedrohlich ist und nicht kontrolliert werden kann, bleibt das unangenehme Gefühl länger bestehen, die Herausforderung kann nicht bewältigt werden, was bis zur Erschöpfung führen kann. Dies ist der sogenannte Disstress – der negative Stress. Ein Beispiel hierfür ist ein unvorhersehbarer Jobverlust, vor allem, wenn dieser nicht beeinflussbar ist und daraus resultierende finanzielle Bedrohungen entstehen. In beiden Fällen geht es um einen Jobwechsel, jedoch sind die Umstände und die Bewertung unterschiedlich. Die kognitive Bewertung spielt eine besonders große Rolle beim Erleben und Bewältigen von stressvollen Situationen.
Nach dem transaktionellen Stressmodell von Lazarus kann die individuell unterschiedliche Reaktion auf den gleichen Stressor durch unterschiedliche Bewertungen erklärt werden: einerseits durch die primäre Bewertung der Situation und anderseits durch die sekundäre Bewertung der vorhandenen Bewältigungsstrategien.
Das transaktionelle Stressmodel zeigt, dass ein Reiz erst durch die Bewertung zu einem Stressor wird. Dies verdeutlicht die Wichtigkeit eines gesundheitsförderlichen Stressmanagements, welches sowohl die Bewertungsebene als auch die Ressourcenebene miteinbezieht.
Soziale Interaktionen spielen für das Stressmanagement eine wesentliche Rolle. Auf der einen Seite zählen soziale Konflikte zu den intensivsten Stressoren, auf der anderen Seite können positive soziale Interaktionen sehr effizient Stress reduzieren. Daher ist es bei der Betrachtung des individuellen Stressmanagements immer von großer Bedeutung das soziale Umfeld miteinzubeziehen.
Beispiel:
Angelika (20 Jahre alt) wurde vor drei Monaten Mutter. Die Schwangerschaft war geplant und ihr Partner ist liebevoll an ihrer Seite. Angelika schläft momentan wenig und findet kaum Zeit, um zur Ruhe zu kommen. Sobald ihr Partner nach Hause kommt und sie in den Arm nimmt, fällt ihr die Last von den Schultern und sie kann kurzzeitig entspannen. An den Wochenenden bekommt sie meistens Besuch von ihren Eltern, ihre Mutter erklärt ihr dann, wie sie ihr Kind zu wickeln, zu füttern und generell zu behandeln hat. Sie lässt kaum ein gutes Wort an Angelika. Nach solchen Besuchen hat Angelika keinen Appetit mehr, manchmal bekommt sie sogar akut Durchfall. Einerseits fühlt sie sich erschöpft und würde so gerne das Wochenende zum Schlafen nutzen, anderseits ist sie innerlich aufgewühlt, ihr Herz pocht schnell und ihr Kreislauf macht ihr zu schaffen.
Dieses Beispiel zeigt, wie wichtig soziale Unterstützung für eine gute Stressregulation ist, aber auch wie sehr uns soziale Bewertung belastet. In der Arbeit mit Menschen können wir über soziale Unterstützung Vertrauen aufbauen und Stress reduzieren. Häufig kommt es jedoch auch vor, dass durch Bewertungen und Maßregelungen der Stress bei Kindern und Jugendlichen ansteigt. Auch in der Elternarbeit ist es von großer Bedeutung, dass die Eltern in ihrem Tun unterstützt werden und durch die Fachkraft soziale Unterstützung bekommen. Dadurch können die Eltern entlastet werden, was sich wiederum positiv auf das Kind auswirkt.
Im nächsten Beitrag erzähle ich von der Wichtigkeit sozialer Unterstützung in Bezug auf die Entwicklung eines gesundheitsfördernden Stressmanagements.
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